Ein ungewöhnlicher Anlass …
ein politisches Buch zu lesen. Oder doch nicht?
Die Erinnerungen von Joachim Gauck, unserem 11. Bundespräsidenten, haben mich auf dem Hin- und Rückweg zum Wave-Gotik-Treffen nach Leipzig begleitet. Zum Glück sind wir dieses Mal nicht mit dem Auto gefahren. So konnte ich in aller Ruhe lesen.
Passend oder unpassend? Eher ungewöhnlich, sich die Erinnerungen eines Politikers mit auf Reisen zu nehmen. Andererseits kann es nicht passender sein, wo unsere Unterkunft doch in der Straße des 17. Juni lag und wir auf unseren vorherigen WGT-Besuchen das Stasi-Museum in der Runden Ecke besucht haben.
Gauck erinnert sich
Er berichtet von seiner Kindheit bis zu seiner Wahl zum Bundespräsidenten.
1940 in Rostock geboren und aufgewachsen an der Ostsee erlebt er als Kind das Kriegsende und die sowjetische Besatzung.
Sein Vater, der bis 1946 in Kriegsgefangenschaft war, wurde 5 Jahre später ohne für die Familie erkennbaren Grund von der Stasi verhaftet und wie sie später erfuhren, in ein sibirisches Arbeitslager gebracht. Gaucks Mutter lehnte das politische System der DDR von da an ab und erzog die Kinder in diesem Sinne.
Joachim Gauck studierte in der DDR Theologie, begann sein Vikariat in Lüssow und war nachher in Rostock-Evershagen tätig. Er baute in Ermangelung geeigneter Räume ein Netzwerk in privaten Wohnungen auf, trotz Behinderung und besonderer Beobachtung durch den Staat.
Während seine Kinder der Enge der DDR entfliehen wollten und es nach mehreren Reiseanträgen auch schafften, engagierte er sich und stellte in seiner Rolle als Pfarrer in Frage, ob die DDR-Führung noch den Bürger im Sinne hat oder völlig losgelöst agiert.
Als die Proteste, Demonstrationen, die politische Wende kommt, erlebt und gestaltet Gauck sie mit.
Er lässt sich für das neue Forum bei den Wahlen zur Volkskammer aufstellen und wird gewählt. Eine staatliche Einheit Deutschlands zu erreichen ist sein Ziel.
Im Sonderausschuss zur Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit findet er eine Aufgabe, die in mehrere Jahre beschäftigen wird. Er ermöglicht es, die Akten zu sichern, zu sichten. Den DDR-Bürgern wird zugänglich gemacht, was jahrelang über sie gesammelt wurde.
Nach dem Ausscheiden aus der mit aufgebauten Behörde, versteht sich Joachim Gauck als
„reisender Demokratielehrer“.
Er engagiert sich in verschiedensten Vereinen und Stiftungen und wird schließlich am 18. März 2012 zum 11. Bundespräsidenten gewählt.
Was bleibt vom Buch
Für mich bleibt ein umfassender Eindruck unseres ehemaligen Bundespräsidenten, ein Einblick in eine bewegte Biografie und ein persönlicher Blick auf die deutsch-deutsche Geschichte.
Lesenswert für alle, die etwas über Joachim Gaucks persönliche Geschichte erfahren wollen und die ihre Geschichtskenntnisse nochmal auffrischen möchten.
Was ihr sonst noch wissen müsst
Pantheon
erschienen 2009
344 Seiten
ISBN 978 3 570 55149 3