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ASP – Verfallen Folge1: Astoria

Meine Liebe zu ASP war zuletzt ein wenig eingeschlafen. Als ich aber hörte, dass eben jener und Kai Meyer ein gemeinsames Projekt an den Start bringen sollten, war mein Interesse wieder geweckt.  Nach leichten Startschwierigkeiten (ich hatte trotz Hinweis auf der Fanpage die Edition ohne die Kurzgeschichte „Das Fleisch der Vielen“ gekauft), hielt ich das Album dann endlich in den Händen, machte es mir in meinem Sessel mit dem Booklet bequem und verfolgte die handschriftlich geschriebenen Texte:

ASP und Kai Meyer haben ein wirklich tolles Projekt gestartet, was aus einer Kurzgeschichte, die in der heutigen Zeit spielt und einem – ich mag fast sagen – Hörspiel im Jahre 1919 besteht. Beide Geschichten ranken sich um Astoria, das große Hotel, dass sich mittlerweile ungenutzt am Willy-Brandt-Platz in unmittelbarer Nähe zum Leipziger Hauptbahnhof befindet.

Als WGT-Besucher weiß man natürlich, um welches Gebäude es sich handelt und hat sich so manches Mal gefragt, was sich in diesem riesigen Komplex einst so abspielte. Die Leipziger selbst wissen die Gründe für die Schließung nicht, der ein oder andere munkelt, es hätte einen Wasserschaden gegeben.

In über 70 Minuten wird man zusammen mit Paul (dem Protagonisten von 1919) vom Hotel aufgesogen. Er flieht aus Berlin, will die Somme und sein altes Leben hinter sich lassen. Er verliebt sich in das Hotel von dem eine magische, fast göttliche Anziehung ausgeht und als er merkt, was Astoria mit ihm anstellt, ist es schon zu spät. Paul kann sich nicht mehr entziehen und muss sich in sein schauriges Schicksal fügen…

Musikalisch hat die Scheibe einiges zu bieten: Von gewohntem ASP-Sound wie in „Souvenir, Souvenir“ und „Astoria Verfallen“ über Tangoelememente in „Lift“ bis hin zu hartem, düsterem Gitarrensound in „Droehnen aus dem rostigen Kellerherzen“. Meine Ohrwürmer sind in jedem Fall „Machs gut Berlin!“ und „Souvenir, Souvenir“.

Es war schaurig schön nach der Platte die Kurzgeschichte zu lesen (ich bin kein Gruseltyp und muss zugeben, dass ich ein paar mal vor geblättert habe, um zu sehen, wie es weiter geht). Die Protagonisten aus dem Hier und Jetzt, Tim und Jana, flüchten sich während einer Demo vor fiesen Rechten ins Hotel. Es läuft auch geübten Gruselfans kalt den Rücken runter, wenn  die beiden menschengroße Schatten bemerken, Tim sich sonderbar zu verändern scheint und der Boden von menschlichem Haar bedeckt ist. (Die Vorstellung daran wird mich beim Lesen noch oft das Würgen unterdrücken lassen.) Auf der Suche nach einem Ausweg geraten sie tiefer und tiefer in das unheilvolle Hotel hinein…

Es ist Wahnsinn, wie das Zusammenspiel aus Hören und Lesen und zu guter Letzt dem tollen Artwork harmoniert und ich freue mich bereits jetzt auf „Fassaden“, den 2. Teil des „Astoria-Zyklus“ der am 1. April 2016 erscheinen wird.

IAMX – METANOIA

Das neue IAMX-Album Metanoia hinterlässt mich nachdenklich.

„Happiness
I know I’ll never feel the same
I know I may never accept the change but I want
Happiness

Everyday Hypocrisy
I see the zombies walking down the Street and it kill me
their Happiness“

Chris Corner lässt einen hautnah an dem teilhaben, was ihn schlaflos und hilfslos gemacht hat. Er hat alles,

„but something isn’t sitting right
something wakes me up at night
the background noise.“

Schlaflosigkeit und Melancholie raubten ihm die Kraft.
In diesem Album kann man in 11 Songs und 43 Minuten eine Ahnung bekommen, wie das für ihn war.

Im Laufe des Albums vermehren sich dann allerdings auch die Lichtblicke. Im Kontext von Chris Corners Heilungsprozess, der auch örtlich durch den Wechsel der Homebase vom kalten, winterlichen Berlin ins sonnige Los Angeles mitgeprägt wurde, fallen auch immer wieder Worte der Hoffnung.

„Drink up little boy and wash down your tears“
„Look outside“

Dies alles unterlegt von präzise ausgearbeiteten, extravaganten Beats und Melodien, die um einiges durchdachter wirken als so mancher am Fließband produzierter Düster-Electro.

Bei jedem weiteren Hören geht es tiefer unter die Haut – einfach schön!