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Wunder wirken Wunder – Wie Medizin und Magie uns heilen

Wunder wirken Wunder

Wie ich zum Buch kam

Letztes Jahr zu Weihnachten habe ich von meiner Familie Sachbücher aus dem medizinischen Bereich bekommen. Da ich selbst Apothekerin bin, lag das für meine Verwandtschaft nahe und der „Fernseharzt“ Dr. Eckart von Hirschhausen konnte ein Buch unter den Weihnachtsbaum legen. Ich muss sagen, dass das Buch über die Wunder der Heilkunst relativ lange ungelesen im Regal stand. Wenn man auf der Arbeit mit placebokontrollierten Studien, Risiken und Nebenwirkungen beschäftigt ist, reizt es nach Feierabend nicht so, diese Themen auch noch mit ins Bett zu nehmen.

Ich war angenehm überrascht, wie gut es mir gefallen hat, auch wenn ich anfangs skeptisch war.

Wunder –  worum geht es überhaupt?

Die Medizinlandschaft teilt Dr. von Hirschhausen in 7 Kapitel ein.
Der Leser beginnt mit „Ursprung der Wunder“, in dem es um unerklärliche Phänomene, Glaube, Zufall, Heiler, Placebos und deren Effekt auf unsere Gesundheit geht und schmökert sich durch Kapitel wie die „Halbinsel der Halbwahrheiten“ und den „Hort der Wissenschaft“. Während Hirschhausen so manchen Wunderheilertrick enttarnt, erklärt er im drauf folgenden Kapitel, wie die Wissenschaft entscheidet, was wirkt und was nicht.

Ich war sehr überrascht, Begriffe wie prospektive, randomisierte, kontrollierte, doppelblinde Studie im Buch erklärt zu finden. Bitte bekommt keinen Schreck, es ist gut und nachvollziehbar erklärt und ermöglicht einen Blick auf das Geschehen rund um die Arzneimittelzulassung und die Kontrolle von Therapiewirksamkeiten.

Auf den „Klippen der Abzocke“ hingegen enttarnt Hirschausen die Wunderindustrie und widerlegt den ein oder anderen Wirksamkeitsmythos. Auf dem „Eiland der Evidenz“ werden dem Leser nützliche Tipps gegeben, Scharlatane von Ärzten zu unterscheiden, die nach den gängigen medizinischen Standards und Leitlinien handeln. Es werden explizite Anweisungen gegeben, um die angebliche Heilungsmethode als Geldmacherei zu enttarnen und zusätzliche Hinweise, sich (bevor man sich einem schwerwiegenden Eingriff unterzieht) immer eine zweite Meinung einzuholen.

Die letzten zwei Kapitel „Markt der Möglichkeiten“ und „Paradies der Phantasie“ runden das Buch ab. In ersterem gibt Hirschhausen Anregungen, seinen Alltag gesund zu gestalten. In einer Ratgeberlotterie kann man aus 49 einen Tipp ziehen, den man direkt umsetzen kann. Eine wirklich schöne Idee.

Die letzten Kapitel lassen mich nachdenklich zurück und stellen in Frage, ob man statt der Schmerztablette nicht einfach Lachyoga oder eine Umarmung per Rezept verordnen sollte. Ja ich weiß, leider übernimmt das die Kasse nicht.

Anmerkung am Rande

Was ich schade fand ist, dass Hirschhausen in einem Nebensatz über alternative Medizin erwähnt, dass die Apotheken die es verkaufen nur Geld daran verdienen wollen. Klar verdienen wir daran Geld, aber alternative Medizin wie homöopathische Globuli gehören in die Apotheke, sodass man dazu beraten und unter Umständen auch abraten kann. Als Apotheke versetzen wir den Kunden in die Lage, gemeinsam mit uns eine Entscheidung für seine spezielle Krankheitssituation zu treffen. Das heißt auch, vom Kauf eines Medikaments abzuraten oder den Kunden zu überzeugen, dass Globuli im Falle einer schweren Bronchitis nicht zielführend sind.

Den Satz „Wer heilt hat Recht“ kann ich unterschreiben. Jede Methode muss nur ihre Grenzen kennen. Für Homöopathie, Spagyrik & Co gibt es keine wissenschaftliche Grundlage, aber wenn es dem einen hilft, soll er es doch anwenden. Wenn ein anderer den gleichen Effekt mit einem täglichen Spaziergang, morgendlichen Yoga … erreichen kann, ist das ebenfalls zu respektieren.

Was ihr sonst noch wissen müsst

Erschienen im Rowohlt Verlag GmbH
1. Auflage Oktober 2016
491 Seiten
ISBN 9783498091873